Unser Leben gleicht einem Schauspiel, in dem wir immer wieder neue Rollen übernehmen. Besonders im Erwachsenenleben bewegen wir uns auf zwei großen Bühnen: der privaten und der beruflichen. Jede dieser Bühnen verlangt von uns unterschiedliche Rollen, die sowohl eine Herausforderung als auch eine spannende Möglichkeit darstellen, unser volles Potenzial auszuschöpfen. Diese Rollenvielfalt ermöglicht es uns, uns in verschiedenen Situationen zu beweisen, unsere Persönlichkeit weiterzuentwickeln und ein tiefes Verständnis für uns selbst und andere zu erlangen.
Auf der privaten Bühne des Lebens spielen wir viele Rollen. Innerhalb der Familie nehmen wir beispielsweise Rollen als Kind, Geschwister oder Enkelkind ein, sofern die Großeltern im selben Haushalt leben. Im Laufe unseres Lebens kommen oft weitere Rollen hinzu, wie die Elternrolle, die Partnerrolle oder sogar die Großelternrolle. Neben diesen Hauptrollen gibt es viele weitere familiäre Rollen, wie Cousin oder Cousine, Neffe oder Nichte, Schwiegerkind, um nur einige zu nennen.
Diese Rollen sind besonders, da wir sie nicht einfach ablegen können. Sie bleiben ein Teil von uns, egal wie intensiv wir sie ausleben. Darüber hinaus gibt es noch andere Rollen, die wir im privaten Bereich übernehmen, wie die der Freund*innen, Nachbar*in oder Vereinsmitglieder. In der modernen Welt des Internets übernehmen wir auch oft die Rollen der Käufer*in und Verkäufer*in. Diese Rollen sind flexibel und können durch Umzüge, veränderte Hobbys oder Interessen jederzeit neu gewählt oder angepasst werden.
Trotz dieser Vielfalt verbindet alle privaten Rollen eine Sache: Sie betreffen uns als Privatperson und sind eng mit unserer Identität verbunden. Sie können tiefgehende emotionale Reaktionen hervorrufen – sowohl positive als auch negative. Wir lernen, wie wir uns in diesen verschiedenen Rollen verhalten sollen, vor allem in den ersten zwei Jahrzehnten unseres Lebens. Unsere Vorbilder, Regeln und Konsequenzen prägen uns und helfen uns, ein sozial angepasstes Verhalten zu entwickeln.
Die berufliche Bühne des Lebens unterscheidet sich deutlich von der privaten. Hier spielen wir Rollen, die klar definiert sind und oft mit bestimmten Aufgaben und Verantwortlichkeiten verbunden sind. Als Mitarbeitende Person eines Unternehmens haben wir bestimmte Pflichten, die in unserem Arbeitsvertrag festgelegt sind. Die Ziele, die wir durch unsere Arbeit erreichen sollen, werden von der Unternehmensführung und unseren Vorgesetzten bestimmt. Diese Pflichten zu erfüllen ist Teil unserer beruflichen Rolle, und wir werden dafür entsprechend vergütet.
Führungskräfte haben in der beruflichen Welt eine besondere Rolle inne. Sie vertreten das Unternehmen und sind verantwortlich für das Wohl des Teams und des Unternehmens selbst. Sie müssen sicherstellen, dass die Unternehmensziele erreicht werden und gleichzeitig ihre Mitarbeitenden unterstützen und fördern.
Die berufliche Rolle verlangt auch ein angemessenes Verhalten, das sich auf verschiedene Aspekte wie Kleidung, Kommunikation und emotionale Reaktionen bezieht. Diese Anforderungen werden nicht nur durch persönliche Einschätzungen bestimmt, sondern auch durch die Unternehmenskultur und die Erwartungen von Vorgesetzten, Kolleg*innen, Kund*innen, Lieferant*innen und anderen Stakeholdern. Wer diese Erwartungen erfüllt, wird meist mit Anerkennung und Wertschätzung belohnt. Andernfalls können kritisches Feedback und sogar schwerwiegendere Konsequenzen folgen.
Es ist wichtig, sich der Anforderungen bewusst zu sein, die jede Bühne – privat und beruflich – an uns stellt. Wer sich auf die verschiedenen Rollen einlässt und bereit ist, sich den Herausforderungen zu stellen, bereichert sein Leben und entwickelt eine reife, selbstsichere Persönlichkeit. Wer jedoch die Vielfalt dieser Rollen scheut und starr an einem Selbstbild festhält, vergibt wertvolle Wachstumschancen und bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Eine häufige Falle besteht darin, sich den beruflichen Anforderungen zu entziehen – sei es durch häufige Jobwechsel oder durch das Bestehen auf der eigenen Meinung, auch wenn sie nicht zum Kontext passt. Solches Verhalten ist kein Zeichen von Flexibilität oder Unabhängigkeit, sondern zeigt eher eine Unfähigkeit, sich angemessen in verschiedenen beruflichen Situationen zu verhalten. Mit Einsatz und der Bereitschaft zu lernen, kann man jedoch auch diese Fähigkeiten entwickeln.
Wie erkennt man, ob jemand seine berufliche Rolle nicht eingenommen hat und stattdessen als Privatperson agiert? Solche Personen neigen dazu, emotionale und persönliche Bewertungen in den Vordergrund zu stellen, ohne die notwendigen beruflichen Informationen oder den Kontext zu berücksichtigen. Sie überschreiten oft ihre Kompetenzen, mischen sich in Dinge ein, die nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich liegen, und setzen ihre Meinung als absolut. Wenn ihre Sichtweisen nicht beachtet werden, reagieren sie oft emotional, ziehen Kolleg*innen auf ihre Seite oder blamieren das Unternehmen in öffentlichen Foren.
In solchen Situationen ist es wichtig, ruhig und professionell zu reagieren: „Ich finde, dass das nicht in unsere Zuständigkeit gehört, und außerdem bin ich nicht deiner Meinung.“ Solche klaren, reifen und rollenadäquaten Aussagen helfen, Verwechslungen zwischen privatem und beruflichem Verhalten zu vermeiden.
Ein Rückzug von der beruflichen Bühne mit der Hoffnung auf ein einfacheres und glücklicheres Leben ist oft eine Illusion. Die Herausforderungen des Lebens – insbesondere im Umgang mit anderen Menschen – bleiben bestehen, sowohl privat als auch beruflich. Die beruflichen Interaktionen bieten jedoch besondere Gelegenheiten für persönliches Wachstum und das Erlernen wertvoller Fähigkeiten. Nutzen wir diese Herausforderungen als Chance, an ihnen zu wachsen und uns weiterzuentwickeln.
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